Von der Keltenkuh bis zum Landschaftspfleger

Harzer Rotvieh

Das Harzer Rote Höhenvieh, auch einfach Harzer Rotvieh genannt, gehört zu den ältesten einfarbig roten Rinder­rassen Deutschlands. Einst dreinutzungsfähig für Milch, Fleisch und Zugkraft, prägt es heute als ökolo­gisches Landschaft­srind und regionaler Qualitäts­lieferant die Berg­wiesen des Harzes – einschließlich rund um Wildemann. Besonders sichtbar wird das beim jährlichen Viehaustrieb, wenn festlich geschmückte Tiere durchs Dorf ziehen und tausende Besucher begeistern.

Harzer Rotes Höhenvieh – Zeitstrahl

ab ca. 1700 – Ent­steh­ung im Harz

Aus keltisch-germanischen Land­rindern entwickelt sich im Harz ein robuster, dreinutzungs­fähiger Rindtyp – ideal für Milch, Fleisch und Arbeit in Mittel­gebirgs­lagen.

1800er – Ver­brei­tung als „Berg­manns­kuh“

Das Harzer Rotvieh wird zur typischen Bauern­hofrasse. Kühe wandern täglich mehrere Kilometer zu den Hochweiden und sichern das Überleben vieler Familien.

1950er – Struk­tur­wandel & Ein­kreuzung

Wirtschaftlichere Rassen wie Angler- und Dänisches Rotvieh werden eingekreuzt. Der ursprüngliche Genpool wird stark verdrängt – die Population schrumpft drastisch.

1970er – Fast ausgestorben

Der letzte reinrassige Harzer Bulle stirbt. Das ursprüngliche Harzer Rotvieh gilt als ausgestorben – nur wenige verwandte Tiere überleben außerhalb der Region.

1980er – Rettung durch Zucht­initiativen

Engagierte Züchter beginnen, verbliebene Rest­bestände unter dem Namen „Rotes Höhenvieh“ zu erfassen und gezielt zu vermehren – auch mit Harzer Genlinien.

1997 – Rote Liste & minimale Bestände

Mit nur rund 10 Bullen und 377 Kühen zählt das Harzer Rote Höhenvieh zu den am stärksten gefährdeten Nutztier­rassen Deutschlands. Es wird in die „Rote Liste“ aufgenommen.

2000er – Rück­kehr in den Harz

Erste Herden kehren in ihre Ursprungs­region zurück. Projekte wie der Brockenbauer zeigen: Das Höhenvieh hat eine Zukunft – regional, nachhaltig und wirtschaftlich.

Heute – Kultur­gut & Landschafts­pfleger

Das Harzer Rote Höhenvieh ist als Symbol regionaler Identität wieder präsent. Es beweidet Harzer Wiesen, liefert hochwertiges Fleisch und bewahrt land­wirtschaftliches Erbe.

Viehaustrieb in Wildemann – gelebte Harzer Tradition

Der Viehaustrieb in Wildemann ist eines der lebendigsten Brauchtumsfeste im Oberharz und findet jährlich am Pfingst­sonntag statt. Bereits am frühen Morgen wird das Dorf von Peitschen­knallern und den Hirten­signalen geweckt – ein uralter Brauch, der den Austrieb der festlich geschmückten Kuhherde, liebevoll auch „Damen­kapelle“ genannt, ankündigt. Morgens beginnt der Umzug durch das malerische Bergdorf: Vorneweg schreiten Harzer Hirten in historischer Kleidung, Kiepenfrauen, Blasmusik­gruppen und Vereins­abordnungen. Die Kühe sind mit Blumenkränzen geschmückt und werden stolz durch die Haupt­straße geführt – angeleitet von Bauer Herberger und seiner Frau, die den Austrieb seit vielen Jahren mit Herzblut organisieren.

Die Veranstaltung zieht inzwischen regelmäßig rund 3.000 Besucher an und gilt als echtes Familienfest mit Musik, Brauchtum und regionaler Küche. Im Anschluss an den Umzug wird auf dem idyllisch gelegenen Berg­bauern­hof „Klein Tirol“ gefeiert – mit Ernennung der städtischen Kuh­hirten, tradi­tioneller Blasmusik, Speisen aus der Region und einer stimmungs­vollen Kuhball-Party am Abend. Der Vieh­austrieb verbindet auf einzigartige Weise altes Harzer Landleben mit einem modernen, authen­tischen Dorf­fest und trägt maßgeb­lich zur kulturellen Identität Wildemanns bei – ganz im Zeichen des Harzer Roten Höhenviehs.

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Nutzung & Ökologie

  • Landschaftspflege: Ideal für extensive Beweidung – erhält Berg- und Magerrasen wie Gipskarst‑Wiesen (Quelle: provieh.de)

  • Aufgrund ihrer Anpassung an karges Futter entfällt Kraftfutter – wirtschaftlich und ökologisch vorteilhaft (Quelle: provieh.de)

  • Qualität: Fleisch ist kurzfaserig, mager, geschätzt; Milch etwa 3,45 % Protein, 4,25 % Fett

Bestand & Erhaltungsprojekte

  • Um 1996 etwa 360 Kühe im Herdbuch, Tiefpunkt rund 1997 mit 377 Kühen und 10 Bullen (Quelle: wikipedia.de)

  • Dank engagierter Züchter (z. B. Familie Thielecke, Forst-Farm, Bauer Beuse u.v.m.) stieg der Bestand bis heute auf ca. 600 Mutterkühe (Quelle: brockenbauer.de)

  • 1984 Neuaufnahme der Rasse in den Sammelbegriff „Rotes Höhenvieh“, um Vielfalt zu erhalten (Quelle: wikipedia.de)

Tierporträts

Bergbauernhof